In den letzten Wochen waren einige Artikel über diverse Rums hier im Blog zu lesen. Darunter der weiße Plantation „Three Stars“, zwei Rums aus der Plantation Vintage Edition, der bahnbrechende Revolte Rum aus dem deutschen Worms sowie der kraftvolle Plantation O.F.T.D. Overproof Rum. Ein wenig länger liegt bereits ein Artikel über einen Rhum Agricole aus dem Hause Clément zurück, doch genau an diesen Artikel möchte ich heute anknüpfen. Indem ich zwei weitere Flaschen aus eben diesem Haus vorstelle. (zugesandte Testprodukte)
Bei diesen Flaschen handelt es sich um den Clément Canne Bleue und den Clément Select Barrel. Die beiden Flaschen repräsentieren gewissermaßen eine gereifte und eine ungereifte Qualität des Rhum Agricoles aus dem Hause Clément. Doch das sind nur die augenscheinlichsten Unterschiede. Bevor ich auf die Flaschen näher eingehe, sei noch einmal kurz wiederholend gesagt, womit wir es bei Rhum Agricole zu tun haben: Der wesentliche Unterschied zu Melasserums besteht nicht nur im Buchstaben H im Namen, sondern vor allem darin, dass Rhum Agricole aus reinem Zuckerrohrsaft hergestellt wird, welcher nach der Extraktion aus dem Rohr zu einer Maische fermentiert und dann gebrannt wird. Zwar fallen nicht alle Rhum Agricoles aller Länder unter eine geschützte Urpsrungsregelung, doch im Falle von Clément, welche aus dem französischen Überseedepartement Martinique stammen, gilt die dem französischen AOC entsprechende „Appelation Martinique Contrôlée“. Der Zusatz von Zucker oder anderen Aromastoffen ist hier also ausgeschlossen, was man als Freund handwerklich hergestellter Premiumspirituosen natürlich sehr gerne hört.
Clément stellt Rhum in einer bis ins Jahr 1887 zurückreichenden Tradition nach erprobten Verfahren her. Die Destillerie Habitation Clément wurde damals durch den Arzt Homère Clément gegründet. Sie liegt südlich der Gemeinde Le François im Arrondissement Le Marin. Man kann Teile der Anlage besichtigen, die aktuelle Rumproduktion ist davon jedoch ausgenommen.
Wer noch weitere Informationen über Spirituosengattung oder Clément sucht, dem kann ich nochmals meinen Artikel über den Clément Rhum Vieux Agricole VSOP ans Herz legen.
Daher ist nun auch direkt Zeit, einen näheren Blick auf die Flaschen zu werfen:
Der Clément Canne Bleue ist bereits an seiner Farbe als ungereifter Rhum Agricole zu erkennen (ungereift ist nicht ganz richtig, er reifte für etwa 6 Monate in Stahltanks – beim Hersteller selbst habe ich diese Information zwar nicht gefunden, aber eine große Zahl anderer Seiten im World Wide Web berichten darüber. Daher führe ich dieses Detail nur unter Vorbehalt hier an). Wer sich nun fragt, wieso er dann „Bleue“ (also blau) heißt, dem sei versichert, dass nur mit äußerster Fantasie ein kleiner blauer Schimmer im Rhum zu erkennen sein könnte. Der wahre Hintergrund ist der Eigenname des Zuckerrohrs: Während Rhum Agricoles oftmals aus verschiedenen Zuckerrohrarten destilliert werden (oder verschiedene Einzelzuckerrohr-Rhums miteinander vermählt werden können), basiert dieser hier nur auf einer einzigen Sorte, dem „Canne Bleue“-Zuckerrohr. Mit 50% vol. weist er durchaus eine ansehnliche Trinkstärke auf. Er ist im Fachhandel für ca. 25 bis 30 Euro zu haben.
Tasting Notes:
Aroma: Vollaromatisch und intensiv ist Zuckerrohr zu riechen: grünlich, holzig, süßlich, Anklänge von Limettenschalen, Äpfeln und Birnen (fast erinnert er mich manchmal an jüngeren Calvados, so komisch das klingen mag). Im Hintergrund zeigen sich ganz feine Vanille und etwas Obstkerne.
Geschmack: Auch geschmacklich trumpft zunächst das Zuckerrohr auf, dann finde ich auch hier wieder Limette und dazu eher eine Note, die Richtung Weintrauben geht. Ein klein wenig angebrannter Rohrzucker ist zu erkennen. Ein toller Eindruck, der zum Aroma passt. Ich bin sehr angetan!
Abgang: Limettenschale und grünliche Holznoten
Ich habe sofort die Neugierde verspürt, ihn in einem Ti‘ Punch einzusetzen. Weil ich aber hier bereits über den Ti‘ Punch geschrieben habe, habe ich mich kurzerhand für eine Spielart des Ti‘ Punch entschieden. Ti‘ Punch-Puristen (ja, es gibt sie) mögen mir verzeihen, dass Rhabarber den Weg in dieses Rezept gefunden hat, aber das Ergebnis ist einfach lecker und passt zur Saison. Achja: ich mag meinen Ti‘ Punch tatsächlich am liebsten mit braunem Rohrzucker (und tatsächlich auch trotz ein paar unaufgelösten Zuckerkirstallen. Im Caipirinha finde ich das furchtbar, im Ti‘ Punch nicht. Letztendlich gilt einmal mehr: „Chacun prepare sa propre mort!“)
Rezept „Rhabarber-Ti‘ Punch“:
6 cl Clément Canne Bleue
3 Limettenviertel
ca. 5 Stückchen Rhabarber
2,5 Barlöffel brauner Rohrzucker
Zubereitung: Limettenviertel, Rhabarber und Zucker ins Glas geben und mit dem Muddler andrücken, so dass sich Saft und Zucker miteinander verbinden. Rhum Agricole hinzugeben, umrühren und mit Eis in einem separaten Glas servieren.
Glas: Tumbler
Garnitur: Rhabarber
Der Clément Select Barrel ist im Vergleich zum Canne Bleue bereits an seiner Farbe als gereifter Rhum zu erkennen. Der Begriff taucht zwar auf der Flasche nur indirekt auf (um genau zu sein als Teil eines Ti’Punch-Rezeptes), aber hier haben wir es mit einem Rhum der französischen Kategorie „Vieux“ zu tun, was bedeutet, dass er mindestens 3 Jahre im Fass gereift sein muss. Zudem haben wir es hier mit einem hausinternen Blend zu tun, den der Kellermeister des Hauses eigenhändig abstimmt, bevor er in die Flaschen gefüllt wird. Der Clément Select Barrel kommt mit 40% vol. vergleichsweise schwach daher, was sicherlich den gewünschten Geschmack der Fassreifung mit einer ausgeprägten Milde unterstreichen soll. Die Flasche kostet im Fachhandel ebenfalls ca. 25 bis 30 Euro.
Tasting Notes:
Aroma: Rohrzucker, Karamell und Butterscotch, feine Vanille. Ich bin mir nicht sicher, ob ich diesen Rhum Agricole blind als solchen erkannt hätte. Er bewegt sich irgendwo zwischen karamelligem Whiskey, gereiftem Rum und Cognac. Gewürztöne kommen mit der Zeit hinzu (v.a. Muskat), ein Hauch Zitrusfrucht und etwas reife Birne.
Geschmack: Am Gaumen zeigt sich wieder intensives Karamell, Rohrzucker, Vanille und Eichentöne mit würzigem Einschlag. Er erinnert auch hier an Cognac oder einen Bourbon. Mit der Zeit kommen auch zart die etwas „grünlicheren“ Töne des Canne Bleue zum Vorschein. Auch das ist ein absolut großartiger Rhum!
Abgang: trocken, würzig mit viel Eiche und grünem Holz
Auch hier wollte ich heute ganz klassisch bleiben und bin ganz einfach mal „platt“ dem Rezept auf der Flaschenrückseite gefolgt. Allerdings habe ich den Limettenanteil minimal erhöht und die Zuckerzusammensetzung etwas verändert.
Rezept „Ti‘ Punch Vieux“:
6 cl Clément Select Barrel
3 Limettenviertel
2 cl Limettensaft
1 cl Zuckersirup
3 Barlöffel brauner Rohrzucker
Zubereitung: Limettenviertel und Zucker ins Glas geben und mit dem Muddler andrücken, so dass sich Saft und Zucker miteinander verbinden. Rhum Agricole, Limettensaft und hinzugeben, umrühren und mit Eis in einem separaten Glas servieren.
Glas: Tumbler
Garnitur: keine
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online.
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