Ich muss zugeben, nach der Verkostung der jüngst vorgestellten Geiste und des Möhrenbrandes aus der Sauerländer Edelbrennerei haben meine Gedanken über einen möglichen Cocktaileinsatz mich nicht mehr losgelassen. Daher war es zunächst einmal wichtig, ein wenig Ordnung in die eigenen Ideen reinzubringen und das Ganze etwas zu systematisieren. So habe ich mich entschlossen, zunächst mit dem Möhrenbrand loszulegen, doch musste ich hier zunächst einmal zwei ganz fundamentale Fragen beantworten.
Die eine Frage lautete: Möchte ich daraus einen herzhaften Drink kreieren oder eher einen fruchtigen, süßlichen Drink? Eine gar nicht so einfach zu beantwortende Frage, denn die Möhre fristet ihr Dasein – in der Küche, aber auch hinter der Bar – irgendwo an der Peripherie zwischen Süß und Herzhaft. Denkbar wäre also durchaus auch der Einsatz in einer Bloody Mary-Variante oder gänzlich neuen Spielereien ohne jede Spur von Tomate. Die zweite Frage war: will ich die Möhre nur als Akzent einsetzen oder soll sie die Hauptrolle spielen?
Ich wollte letztlich einen Cocktail mixen, der einer breiteren Gruppe von Leuten schmecken würde, ohne dabei die eigentliche Essenz des Möhrenbrandes aus der Sauerländer Edelbrennerei zu unterminieren. Es sollte also schon die volle Ladung Möhre im Drink sein. Oftmals hilft es vor solchen Entscheidungen, sich im Reich der Desserts ein wenig umzusehen und zu überlegen, ob dort vielleicht inspirierende Geschmackskombinationen anzutreffen sind. Und tatsächlich stößt man hier auf eine breite Palette an Möhrengebäcken oder –kuchen, die manchmal ein wenig mehr mit Orange, manchmal ein wenig mehr mit Schokolade, manchmal aber auch mit beidem aufwarten. Natürlich darf man es sich hier auch nicht zu leicht machen und etwa einfach einen Möhrenbrand in ein Glas Möhrensaft kippen und denken: „Et voila, der Möhrencocktail!“. Vielmehr besticht ein guter Drink meist durch eine komplexe Struktur, die in sich stimmig und harmonisch ist, dennoch aber verschiedene Nuancen durchscheinen lässt. Und genau so einen Cocktail wollte ich kreieren.
Das Ergebnis sieht man nun hier: Der Dr. K. Nickel’s Delight (ich bitte den Namen zu entschuldigen, ich konnte einfach nicht widerstehen, einen Charakter aus einem alten Englischschulbuch zu verewigen) hat all das, was ich mir gewünscht habe: Die eindeutige Essenz der Möhre, komplexe Bittertöne der Orange dank des hervorragenden Mondino Amaro Bavareses, ein wenig fruchtige Frische durch Zitronensaft und etwas frisch hergestellten Möhrensaft aus dem Entsafter (bitte auf gar keinen Fall fertigen Karottensaft aus dem Tetra Pak verwenden), eine schöne Honigsüße mit würzigem Einschlag durch etwas Waldhonigsirup und einen Schuss Drambuie sowie einen trockenen, hintergründigen Anklang von Schokolade dank des Mozart Dry Chocolate Spirits. Aber Vorsicht: der Dr. K. Nickel’s Delight bringt durchaus alkoholische Power mit sich, auch wenn man sie nicht herausschmeckt.
Rezept:
4,5 cl Sauerländer Edelbrennerei Möhrenbrand
2 cl Mondino Amaro Bavarese
2 cl Zitronensaft
2 cl Waldhonigsirup (s.u.)
1,5 cl Möhrensaft (unbedingt frisch aus dem Entsafter!)
1 cl Drambuie
1 cl Mozart Dry Chocolate Spirit
Waldhonigsirup: einfach Waldhonig und Wasser im Verhältnis 1,5 zu 1 in einer beschichteten Pfanne mischen und bei mittlerer Hitze zum Köcheln bringen. Danach abkühlen lassen.
Zubereitung: Alle Zutaten im Shaker kräftig auf Eis schütteln (ca. 15 Sekunden). Danach ins mit frischen Eiswürfeln gefüllte Glas abseihen.
Glas: Tumbler
Garnitur: kleine, gegrillte und mit Honig glasierte Möhre
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online.
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