Pure Spirits: Möhrenbrand, Waldhimbeer- und Heugeist aus der Sauerländer Edelbrennerei

Der heutige Artikel freut mich ganz besonders, da ich hier einmal wieder die Ehre habe, über einige Abfüllungen aus der unmittelbaren, regionalen Nähe zu schreiben. Noch dazu habe ich es hier mit drei wirklich interessanten Flaschen zu tun, die zum Teil echte, flüssige Innovationen beinhalten. Und während es noch nicht lange her ist, dass ich in einem Artikel über die Feiner Kappler-Serie einige Obstbrände vorgestellt habe, geht es hier einmal um einen Brand und zwei Geiste. (zugesandte Testprodukte*)

Zwar bin ich auch schon in oben verlinktem Artikel auf den Unterschied zwischen Bränden und Geisten eingegangen, doch sei dies hier auch noch einmal kurz erläutert: Nicht alle Obst- bzw. Gemüsesorten enthalten genügend eigenen Zucker, um daraus eine fermentierende Maische herstellen zu können, deren Ergebnis ein ausreichend hoher Alkoholgehalt für eine anschließende Destillation ist. Daher lässt sich nicht bei jeder Frucht mit dem gleichen Verfahren ein klarer Brand erzeugen. Um dennoch eine Spirituose, eben einen Geist, herstellen zu können, werden die entsprechenden Früchte in landwirtschaftlich hergestelltem Alkohol eingelegt und können so durch Mazeration ihr Aroma abgeben. Dass die Obstdestillation in Deutschland und Österreich eine große und lange Tradition aufweist, erkennt man nicht nur an der gewaltigen Zahl von Obstdestillen in beiden Ländern, sondern mitunter auch schlicht daran, dass überhaupt zwischen Bränden und Geisten unterschieden wird. Diese Unterscheidung trifft man im internationalen Sprachraum meist nicht an und so werden oftmals Brände und Geiste als fruit brandies oder Eau de Vies pauschal vereinheitlicht.

Ein weiteres Thema in diesem Zusammenhang ist die Zugabe von Zucker zum Destillat, dies ist rechtlich bei Obstbränden und –geisten auch in Deutschland nicht ausgeschlossen und gerade bei französischen Eau de Vies ist das Ganze auch nochmal ein Thema für sich. Die drei heutigen Flaschen bilden da erfreulicherweise eine Ausnahme und kommen allesamt ungezuckert daher (wie übrigens sämtliche Brände und Geiste aus der Sauerländer Edelbrennerei).

Damit möchte ich dann auch final zu den eigentlichen Produkten überleiten, die in der Sauerländer Edelbrennerei hergestellt wurden. Da ich selbst aus Dortmund stamme, liegt das Sauerland ja gewissermaßen direkt vor der Haustür und ist ein beliebtes Naherholungsgebiet für Menschen aus dem östlichen Ruhrgebiet. Etwas mehr als eine Autostunde von Dortmund entfernt liegt das kleine Dörfchen Kallenhardt mit der Sauerländer Edelbrennerei. Die Brennerei selbst ist dabei noch gar nicht so alt, das Verschlussbrennrecht wurde erst im Jahr 2000 verliehen und was ursprünglich mal ein ausgedehntes Hobby gewesen ist, ist inzwischen im kommerziellen Spirituosensegment angelangt. Der eigentliche Kopf hinter der Brennerei ist der Kallenhardter Geschäftsmann Ulrich Wolfkühler, der zusammen mit der befreundeten Familie Mülheims (und seiner Geschäftspartnerin Martina Mülheims) nach einer Reise durch Süddeutschland den Entschluss fasste, selbst Obstbrände und –geiste herzustellen, um dies schlicht besser zu machen als einige der Destillen, deren Destillate er auf der Exkursion probiert hatte. Inzwischen wird die Brennerei  von einem vierköpfigen Team um Brenner Julian Wellhausen geleitet, zu dem noch Thomas Lesniowski, Alexander Mülheims und Julius Vosloh zählen (bis auf Julius sind die anderen drei sogar auch die Schwiegersöhne der Mülheims und Wolfkühlers) und man verfügt über einen eigenen Tastingroom und sogar eine Zigarrenlounge.

Die drei Flaschen, um die es heute gehen soll, sind dabei z.T. echte und vielversprechende Kuriositäten, wie man sie sonst nicht findet. Neben dem Waldhimbeergeist, der in diesem Trio gewissermaßen den Vertreter aus dem klassischen Repertoire der Geiste bildet, gesellt sich ein Möhrenbrand und ein Heugeist. Während ein Möhrenbrand bereits nur sehr selten anzufinden ist, habe ich von letzterem noch nie zuvor gehört. Entsprechend gespannt bin ich auch auf die Verkostung! Die Brände und Geiste werden in typisch schlanken Flaschen verkauft, deren Korken ansprechend mit Siegelwachs verschlossen sind. Die Etiketten sind mit individuell für das jeweilige Produkt angefertigten Bildern des deutschen Künstlers Otmar Alt geschmückt (und zeigen jeweils das Maskottchen der Brennerei: einen kleinen Raben) und verleihen den Flaschen einen überaus wertigen Eindruck.

Für den Waldhimbeergeist werden nach dem oben beschriebenen Verfahren zunächst frische Waldhimbeeren aus den Sauerländer Wäldern in Agraralkohol mazeriert und anschließend die Mischung aus Waldhimbeeren, Alkohol und Wasser in der Brennerei zu Waldhimbeergeist destilliert. Schließlich wird der Waldhimbeergeist mit 43% vol. in eine 0,35l-Flasche abgefüllt. Der Preis für eine Flasche liegt bei ca. 30 Euro.

Tasting Notes:

Aroma: Die Himbeere zeigt sich in der Nase intensiv und fruchtig, dabei wird vor allem auch die fruchteigene Säure betont und man spürt fast das Verlangen, in eine reife Himbeere beißen zu wollen. Auch hier habe ich das Gefühl, sogar die Kerne riechen zu können, was bei einem Himbeergeist für mich immer ein äußerst gutes Zeichen ist. Feine Zitrustöne unterstreichen das Geruchsbild. Von Alkohol ist hier so gut wie keine Spur, der Geist macht einen äußerst milden und ausbalancierten Eindruck und weckt Lust auf den ersten Schluck.

Geschmack: Fruchtig und voll aromatisch fällt die Himbeere am Gaumen aus. Auch hier unterstreicht eine feine Säure den authentischen Charakter der Frucht und man wähnt sich auf einem Spaziergang durch die Kallenhardter Wälder. Der Zitruscharakter tritt hier weniger in den Vordergrund, dafür zeigen sich mit der Zeit zunehmend trockene Aromen von Fruchtkernen und ganz subtilem Moos.

Abgang: trockener werdend, fruchtig und lang.

Für den Möhrenbrand werden die Möhren zunächst zu einer Maische verarbeitet und bilden während des Fermentationsprozesses eigenen Alkohol aus. Dieser wird dann anschließend in einem Mehrstufendestillationsverfahren gebrannt und noch einmal acht Monate in Edelstahltanks nachgereift. Abgefüllt wird der Möhrenbrand mit 40% vol. und kostet ca. 30 Euro (ebenfalls für eine 0,35l-Flasche).

Tasting Notes:

Aroma: Wer sich unter einem Möhrengeist nichts vorstellen kann, wird seinem Ersteindruck kaum glauben können, denn tatsächlich riecht man hier eine feine, süßliche Möhre aus seinem Glas emporsteigen. Süßlich, erdig und mit einer gewissen Portion Frische umschmeichelt dieser Edelbrand die Nase. Die Essenz einer Möhre könnte man kaum besser einfangen. Ich bin wirklich beeindruckt.

Geschmack: Geschmacklich tritt zum durchaus immer noch beeindruckend authentisch ausfallenden Möhrenaroma ein gutes Stück Zitrusfrucht hinzu, dazu eine leicht kräutrige Unternote. Mit der Zeit gewinnen die erdig-süßlichen Töne der Möhre die Oberhand. Ein wirklich bemerkenswertes Destillat.

Abgang: auch hier trockener werdend, erdig mit leichten Kräuteranklängen

Auf den Heugeist ist man im Hause der Sauerländer Edelbrennerei besonders stolz. Das Heu wird auf eigens für diesen Zweck angelegten Wiesen geerntet und anschließend auch im Mazerationsverfahren eingesetzt, um dann – wie auch beim Waldhimbeergeist – durch anschließende Destillation das fertige Produkt zu erhalten. Der Heugeist ist für ca. 25 Euro (0,35l) erhältlich und kommt mit 40% vol. in die Flasche.

Tasting Notes:

Aroma: Auf diesen Geist war ich zugegebenermaßen am meisten gespannt. Und auch hier bin ich schlicht begeistert von dem, was sich mir darbietet: wer jetzt denkt, „Jaja, Heu, alles klar! Bei Spirituosenverkostungen steht doch immer alles Mögliche und ich finde das dann im Endeffekt nie, wenn ichs probiere.“ der dürfte hier eindeutig eines Besseren belehrt werden. Dieser Heugeist verströmt tatsächlich den Geruch von Heu. Er riecht grasig, strohig, kräutrig und blumig. Man meint sogar, die Sonnenstrahlen riechen zu können.

Geschmack: Geschmacklich ist das wohl der leckerste Schluck Bauernscheune, den ich je zu mir genommen habe: Würzig, grasig und kräutrig mit Anklängen von Żubrówka (Büffelgraswodka) und einer kaum in Worte zu fassenden authentischen Geschmacksdimension. Mit der Zeit zeigt sich etwas Kamille am Gaumen.

Abgang: kräutrig, grasig und sehr lang. Was für ein Geist!

Für den Einsatz in Cocktails habe ich hier bereits eine ganze Reihe von Ideen, doch dazu später mehr.

Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online.

*(Der Umstand, dass mir diese Produkte zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden sind, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.)

3 thoughts on “Pure Spirits: Möhrenbrand, Waldhimbeer- und Heugeist aus der Sauerländer Edelbrennerei

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