Lakrids und Spirituosen


Nachdem ich leider einige Tage von der Grippe ausgeknockt war, möchte ich heute mit einem Artikel aufwarten, der ein ganz besonderes Thema behandelt: Lakritz. Aber natürlich soll es hier nicht bloß um Lakritz gehen, sondern um Lakritz (bzw. Lakrids) in Kombination mit Spirituosen. Eine Idee, an die ich mich auch zunächst gewöhnen musste, die aber durchaus eine aromatische Substanz aufweist, der ich mich letztlich nicht entziehen konnte. Das „Lakrids“, um das es heute geht, stammt dabei vom dänischen Jungunternehmer Johan Bülow aus Bornholm, der ursprünglich in Svaneke auf Bornholm einen Lakritzladen eröffnen wollte. (zugesandte Testprodukte)

Nach anfänglichen Startschwierigkeiten entwickelte man schließlich ein Rezept, mit dem Johan Bülow und seine Partnerin zufrieden waren und die rasante Erfolgsgeschichte eines jungen Unternehmens nahm ihren Lauf. (Wer die ganze Unternehmensgeschichte nachlesen möchte, wird hier fündig.) Dabei stellt man im Hause Bülow nicht nur einfach hochwertiges Lakritz her, sondern trägt auch den verschiedenen klassischen Sorten von Lakritz Rechnung, die sich rund um den Globus entwickelt haben. Zudem sind neue, eigene und innovative Sorten entstanden, die oft im Zusammenspiel mit Schokolade eine wirklich sehr reizvolle Leckerei haben entstehen lassen. Ich muss gestehen, ich hatte schon immer etwas für Lakritz übrig (und kannte auch den ausgeprägten Hang zum „schwarzen Gold“ in den skandinavischen Ländern), insofern war die Lakrids-Produktreihe für mich auch grundsätzlich attraktiv als ich zum ersten Mal im Jahr 2014 am Kopenhagener Flughafen auf sie aufmerksam wurde. Aber es hat doch weitere zwei Jahre gedauert, bis ich auf die Idee stieß, das Lakrids zusammen mit Spirituosen bewusst zu verkosten.

Anlass für diese Idee war eine Tastingveranstaltung in der Wein- und Spirituosenhandlung Stendels in Dortmund, über die ich bereits im Zusammenhang mit Bodos & Lonis Dortmund Dry Gins geschrieben habe. Bei diesem Tasting wurde nun gezielt das Lakrids by Johan Bülow im Zusammenspiel mit Spirituosen in den Mittelpunkt gestellt und ich war doch anfangs mehr als skeptisch. Ein Freund von mir, der ebenfalls mit am Tasting teilgenommen hat, wird sicherlich noch viel skeptischer gewesen sein, da er nicht einmal ein großer Freund von Lakritz ist. Doch zu meiner (und seiner wohl noch viel größeren) Überraschung hat uns beide dieses Duett aus Lakrids und Spirituose vollauf überzeugt. Dass Spirituosen mit Schokolade gut funktionieren können, ist ja nichts Neues (und ein bisschen greifen gerade die mit Schokolade umhüllten Sorten der Lakridsreihe dies auch auf), aber dass sich ein so harmonisch ineinandergreifendes Bild bei einigen Spirituosen ergeben würde, hätte ich einfach nicht vermutet. Das bewusste Lutschen und sanfte Kauen der Lakridsstückchen entfaltet bei der Paarung mit einem kleinen Schluck ungeahnte Synergien und ist einfach eine wunderbare Art und Weise, zwei schöne Dinge miteinander zu verbinden.

Mir hat das Ganze so gut gefallen, dass ich kurzum beschlossen habe, selber auch einige Ideen zu präsentieren. Diese weichen (fast) in allen Bereichen von denen ab, die ich im Hause Stendels verkostet habe. Nicht etwa, weil ich mit den dort dargereichten Kombinationen nicht zufrieden war, sondern weil ich einfach darüber hinausgehend noch eigene und neue Harmonien ausprobieren wollte. Dem Usus, ein klein wenig Naschwerk zu Spirituosen bewusst zu genießen, kann ich jedenfalls eine Menge abgewinnen. Im Folgenden werde ich nun also einige Paarungen von Lakrids und Spirituose vorstellen und kurz erläutern, was ich mir dabei gedacht habe.

Lakrids NO.1 (Süßer Lakritz) mit Four Roses Single Barrel Bourbon und Suze Enzianlikör

Das Lakrids NO.1 bildet gewissermaßen die klassische Standardsorte innerhalb der Lakridsrange. Es weist einen fein-süßen Geschmack mit einer schönen Anisnote auf und zeigt direkt, dass man es hier mit höherwertigem Lakritz zu tun hat als es gewöhnlich der Fall sein dürfte. Als begleitende Spirutosen habe ich mich einmal für ein geschmackliches Kontrasterlebnis (zumindest in Grundzügen) und ein eher komplementäres Entschieden. Der Four Roses Single Barrel Bourbon mit seinen intensiven Vanille-, Honig- und feinen Schokoladentönen sowie dem Zedernholz passt hervorragend zur leichten und milden Würze des Lakritzes. Hier empfehle ich das Lakrids NO.1 als begleitendes Naschwerk. Mit dem Suze Enzianlikör hingegen verbindet sich die süß-würzige Charakteristik des Lakritzes im Mund auf verblüffende Weise zu einem neuen, sich gegenseitig verstärkenden und tragenden Geschmackserlebnis: sehr schön und aromatisch!

Lakrids NO.2 (Salzlakritz) und Amaro di Angostura

Mit dem Lakrids NO.2 trägt Johan Bülow der großen Fangemeinde gesalzenen Lakritzes Rechnung, wie sie nicht nur in Skandinavien, sondern z.B. auch im niederländischen Raum existiert. Das Salz unterstreicht die würzige Seite des Lakritzs wie bei kaum einer anderen Sorte. Deshalb war mir hier von Anfang an klar, dass ich ebenfalls ein ganzes Potpourri von Gewürzen auffahren wollte, das hier den geschmacklichen Partner bilden soll. Die Wahl fiel daher auf einen Amaro und zwar den jüngst hier vorgestellten Amaro di Angostura. Eine würzig-intensive Liaison!

Lakrids NO.3 (Roter Lakritz) und Gabriel Boudier Guignolet de Dijon

Als ausgesprochener Freund von Beeren gefällt mir das Lakrids NO.3 besonders gut. Während ich mit dem vor allem im US-amerikanischen Raum verbreiteten „Red Licorice“ vor allem pappig-süße und künstlich schmeckende Gummischnüre verbinde, zeigt Lakrids NO.3, wie rotes Lakritz auch sein kann: Erdbeeren, Moosbeeren, Johannisbeeren, geschmacklich wirklich toll. Dazu passt hervorragend ein qualitativ hochwertiger Kirschlikör wie der Guignolet de Dijon, aber auch Eau de Vies und andere Beerenliköre sind hier sehr gut denkbar.

Lakrids NO.4 (Habanero-Chili-Lakritz) mit Kah Anejo Tequila und Miel de Tierra Anejo Mezcal

Auch hier kann ich mit einer persönlichen Vorliebe aufwarten: ich liebe alles aus der Welt der Chilis. Und die Habaneros mit ihrer fruchtig-aprikosigen Schärfe spielen da ganz weit vorn. Zusammen mit den würzigen Tönen des Basislakritzes harmoniert diese Sorte ganz wunderbar mit den erdig-würzigen Tönen von Mezcal. Und hier habe ich mich für einen schönen und besonders aufgemachten Tequila entschieden, den Kah Anejo. Die sanfte Süße der Fasslagerung hat diesen Tequila sanfter und milder gemacht, bietet so aber das perfekte Anknüpfungspotential für ein geschmackliches Duett mit Lakrids NO.4. Ähnlich funktioniert es auch mit dem Miel de Tierra Anejo Mezcal, der – wie ein Tequila – ebenfalls zu 100% aus der blauen Agave besteht und trotz genuin anderer Akzente eine schöne Alternative in Kombination mit dem Habanerolakritz bietet.

Lakrids NO.5 (Salzlakritz mit Chili und Cranberry) mit Casa Noble Reposado Tequila und Derrumbes Michoacan Mezcal

Diese Lakrids-Sorte stößt in ein ähnliches Horn wie NO.4, kommt aber noch deutlich kräftiger und robuster daher mit einem deutlich höheren Süßholzanteil und salziger Charakteristik. Auch hier bieten sich daher mexikanische Agavenbrände hervorragend als Begleitspirituose an. Jedoch verträgt dieses Lakritz auch sehr gut etwas „wildere“ und robustere Sorten als Partner. Zum einen habe ich mich mit dem Casa Noble Reposado abermals für einen Tequila entschieden, diesmal jedoch für einen Reposado, dessen gekonnte Balance aus erdig-pfeffrigen Noten mit einer sanften Fassvanille hier schön mit dem Lakritz harmoniert. Wer seine Geschmacksknospen hingegen richtig herausfordern will und eine Explosion aus Rauch, Gewürzen, Chilischärfe und Salz erleben möchte, dem sei das Lakrids NO.5 in Kombination mit dem rauchig-intensiven Derrumbes Michoacan Mezcal ans Herz gelegt. Diesen werde ich hier in den kommenden Wochen auch noch separat vorstellen.

Lakrids A (schokoladenüberzogenes Lakritz) mit Whistlepig Straight Rye Whiskey

Mit den nach Buchstaben sortierten Lakridssorten sind wir nun im Bereich der mit Schokolade umhüllten Lakritze angelangt. Im Falle von Lakrids A ist das Lakritz mit belgischer Schokolade umhüllt, welche anschließend noch mit Lakritzstaub bestäubt wurde. Laut Herstellerangaben stammt die Idee zu dieser Kombination ursprünglich aus Irland, was mich auch dazu verleitet hat, einen Whiskey auszuwählen. Allerdings keinen irischen Whiskey – man möge mir das nachsehen – sondern einen 100% Straight Rye Whiskey aus Vermont, den sensationell guten Whistlepig. Der Whistlepig fängt mit seiner kraftvollen Süße und den leicht ins Kräutrige übergehenden Noten, unter denen sich auch Süßholz findet, den Lakritzstaub, der sich zunächst auf die Zunge legt, sehr schön auf und „tanzt“ anschließend meisterhaft mit der süß schmelzenden belgischen Schokolade. Der Lakritzkern ist dann der krönende Abschluss.

Lakrids B (Passionsfruchtschokohülle) mit Don Papa Small Batch Rum

Zugegeben, diese Kombination habe ich vom ideengebenden Tasting im Hause Stendels übernommen, da sie einfach wunderbar funktioniert hat und mich sofort vollends überzeugen konnte. Die weiße Passionsfruchtschokolade ist einfach wie gemacht für das Aromenprofil des Don Papas und beide verschmelzen im Mund zu einer exotischen Symbiose, die einen Palmenstrand ins heimische Wohnzimmer zaubert. (Ausklammern möchte ich an dieser Stelle die fragwürdige Praxis der Zuckerzugabe zum fertigen Rum, die auch beim Don Papa praktiziert wird. Ob ich mir einen Don Papa erneut kaufen werde, habe ich noch nicht final mit mir selbst ausgemacht. Wer übrigens fundiert etwas über den „Zuckerskandal“ lesen möchte, dem kann ich diesen Artikel eines Bloggerkollegens ans Herz legen.)

Lakrids C (Lakritz mit Kaffee- und Kakaohülle) und Dalmore King Alexander III

Diese Sorte dürfte sicherlich sehr viele Menschen ansprechen, da sie mit dunkler Zartbitterschokolade und gemahlenen Arabica-Kaffeebohnen ziemlich im Trend liegt. Zudem kann man hier wohl von globalen Massengeschmäckern sprechen. Und obwohl ich selbst nur sehr wenig Kaffee trinke, sagt mir diese Sorte ebenfalls zu. Im Zusammenspiel mit Spirituosen musste ich sofort an eine meiner Lieblingswhiskydestillen denken, deren sherryfassgelagerte Tropfen oft mit schönen Kaffee und Röstaromen aufwarten: Dalmore. Ich hätte mir daher hier auch sehr gut einen 12- oder 15-jährigen Dalmore vorstellen können, aber mit dem King Alexander III habe ich einen wirklichen Premiumwhiskey ausgewählt, um ihn mit einer Kugel der kleinen, aber feinen Lakritzleckerei zu verbinden (die NAS-Debatte im hochpreisigen Segment klammere ich an dieser Stelle ebenfalls aus).

Lakrids D (Lakritz mit gesalzenem Karamell überzogen) mit Glenfarclas 1993 Oloroso Sherry Cask und Daron Calvados Fine

Gesalzenes Karamell ist wirklich klasse! Und wenn dann noch Lakritz dazukommt, ist es um mich geschehen! Und genau so geht es mir auch mit dieser Sorte, die sicherlich einer der Anwärter auf meine Lieblingssorte wäre, müsste ich eine dazu erwählen. Und auch hier habe ich einen Single Malt Whisky als Begleiter ausgewählt, der mit seinen malzigen Aromen von Trockenobst und Kuchenteig einfach sehr schön mit Lakrids D harmoniert: den Glenfarclas 1993 Oloroso Sherry Cask, von dem ich leider auch nur noch einen winzigen Rest vorrätig habe. Außerdem harmoniert Lakrids D auch wunderbar mit den fruchtig-würzigen Apfel- und Birnentönen des Daron Calvados Fine.

Weitere Sorten oder gelegentlich erscheinende Sondereditionen von Lakrids werde ich in Zukunft u.U. hier gerne noch ergänzen.

Bezugsquellen: Lakrids by Johan Bülow lässt sich im Feinkosthandel oder online erstehen. Gleiches gilt für die entsprechenden Spirituosen.

2 thoughts on “Lakrids und Spirituosen

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