Bei der unbändigen Flut an Neuerscheinungen auf dem Ginmarkt kann man schon einmal leicht den Überblick verlieren. Allein der deutsche Ginmarkt begrüßt quasi fast täglich ein neues Fläschchen in seinen Reihen und so wundert es nicht, dass sich um Gin inzwischen die eine oder andere Sammlerleidenschaft entwickelt hat. Der heutige Gin führt jedoch zurück ins Mutterland des Gins, genau genommen ins „Herz Englands“, nach Cotswolds. (Zugesandtes Testprodukt*)
Zugegeben, die Mutterlandbezeichnung ist natürlich streitbar, da man einwenden könnte, der Gin stamme doch eigentlich von holländischen Wacholderdestillaten ab, aber ich berufe mich hier einfach mal auf die strikte Definition als Gin, welche nun einmal aus England stammt. Und aus dem „Herzen Englands“ ist hier tatsächlich nicht nur eine bloße Phrase, sondern der inoffzielle Beiname der Heimatregion des heutigen Gins, Cotswolds. Die mehrere Grafschaften umspannende Region in Zentralengland ist jedoch nicht in erster Linie für ihren Gin berühmt, sondern für ihre z.T. pittoresken Dörfchen und Landschaften, die wie ein England aus dem Bilderbuch erscheinen. Dort, im Dörfchen Stourton in der Grafschaft Warwickshire, befindet sich die Cotswolds Distillery. Man sieht schon, der Name ist hier Programm: Ein Cotswolds Gin aus der Cotswolds Distillery in der Cotswoldsregion.

Ein typisches Dörfchen in Cotswolds
In der Cotswolds Distillery setzt man hauptsächlich jedoch nicht auf Gin, sondern stellt einen englischen Whisky her, der antritt, um qualitativ die Konkurrenz mit den nördlichen Nachbarn aus Schottland zu suchen. Wie auch bei einigen schottischen Destillen (Bruichladdich ist mit seinem Botanist hier wohl das populärste Beispiel) will man hier nun das Portfolio auch um einen Gin erweitern. Doch nicht nur Gin, auch Eaux de Vies und Calvados wird hier hergestellt. Doch der Cotswolds Gin steht heute hier natürlich im Mittelpunkt.
Im Stile eines Dry Gins wird der Cotswolds Gin, wie viele andere Vertreter seines Genres, mit verschiedenen regionalen Botanicals hergestellt. Der Hersteller spricht hier davon, sein Wacholderdestillat bewusst aus der Flut von Konkurrenzprodukten hervorheben zu wollen. Man habe eben nicht „noch einen weiteren“ Gin herausbringen wollen, sondern einen ganz besonderen. Dazu wurde offenbar ein Experte auf dem Gebiet der Botanik angeheuert, der mit der Zusammenstellung der Botanicals betraut worden ist. Inwiefern das jetzt tatsächlich den Cotswolds Gins so unglaublich hervorhebt und einzigartig macht, sei einmal dahingestellt. Für mich muss er ohnehin als Gin bestehen und nicht als super extravagantes Produkt, das quasi das Rad neu erfindet. Mit diesem Versprechen tritt leider gefühlt inzwischen ohnehin jeder zweite Gin an, so dass ich das einmal mehr unter der Kategorie „Marketing“ verbuchen werde. Die Botanicals werden aber während der Herstellung zum Teil im Mazerationsverfahren dem Gin beigegeben, z.T. durch Dampfinfusion. Die Cotswolds Distillery informiert, dass dies ebenfalls von der Beschaffenheit der einzelnen Botanicals abhänge (wohlmöglich hat der Botaniker hier strengen Blickes den Zeigefinger gehoben). Die Botanicals im Cotswolds Gin umfassen Wacholder, Koriander, Engelwurz, Lavendel, Lorbeer, Limette, Grapefruit, Kardamom und schwarzen Pfeffer.
In Deutschland ist der Cotswolds Gin etwa seit einem Jahr verfügbar, hat aber jüngst durch einen Wechsel des Vertriebsunternehmens preislich an Attraktivität gewonnen. Die 0,7l-Flasche liegt nun meist um die 40 Euro, ein im Ginsegment inzwischen nicht mehr ganz so exorbitanter Preis (auch wenn man natürlich sehr lang über die Marktpreisentwicklung im Großen und Ganzen an dieser Stelle streiten könnte). Der Gin ist nicht kühlgefiltert (was bei Gins doch eher die Ausnahme ist, in einem Gin & Tonic kann er daher leicht eintrüben) und wird mit 46 % vol. abgefüllt. Bei den World Gin Awards 2016 wurde er als bester London Dry Gin ausgezeichnet, was natürlich definitiv aufhorchen lässt.
Zeit also, dem Wacholderbrand einmal tiefer ins Glas zu blicken:
Aroma: Erdiger und aromatischer Wacholder wird sofort von komplexen Zitrustönen umspielt. Man merkt deutlich die Grapefruit und auch die Limette zeigt sich mit einer feinen Würzigkeit. Koriander und ein sehr schöner Lavendel umspielen die Nase, was mir persönlich ausgesprochen gut gefällt. Ein vielschichtiger Eindruck in der Nase, tatsächlich ein schöner Gin so weit.
Geschmack: Auch hier voller und reichhaltiger Wacholder mit Zitrustönen und einer komplexen Gewürzfracht. Ob das nun dem Lorbeer geschuldet ist, wage ich nicht definitiv herauszustellen, aber Lavendel und Koriander machen sich hier zweifelsfrei bemerkbar. Alles in allem ist auch geschmacklich der Cotswolds Gin eine wirklich runde und angenehme Sache. Ob es nun der beste London Dry Gin ist, würde ich mir nicht anmaßen zu beurteilen, aber sehr gut ist er allemal.
Abgang: Wacholder, Zitrus und hier auch Kardamom (bei Gins kommt Kardamom meist im Abgang durch). Aromatisch und sehr zufriedenstellend.
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online. Wenn Sie selbst Fachhändler sind, so kann ich für den Cotswolds Dry Gin auch folgende Bezugsquelle empfehlen.
*(Der Umstand, dass mir dieses Produkt zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ist, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.)
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