Der heutige Drink lässt Historienvertraute wahrscheinlich aufhorchen, nur um sie mit ziemlicher Sicherheit auf die falsche Fährte zu locken. Die Benennung von Cocktails nach oder anlässlich von historischen Ereignissen ist sicherlich nichts Ungewöhnliches und so hätte man diesen Cocktail vermutlich auch einfach Waterloo nennen können. Doch weit gefehlt, denn Napoleon Bonaparte ist hier gar nicht gemeint.
Vielmehr geht es um Napoleon III. und um die Folgen des mexikanischen Bürgerkrieges zwischen 1857 und 1861. An dieser Stelle würde es mich nicht weiter wundern, wenn ein Großteil nun überhaupt nicht mehr weiß, worum es geht. So ging es mir tatsächlich auch. Und das, obwohl ich mich als relativ geschichtsinteressiert beschreiben würde. Doch mexikanische Geschichte gehört, abgesehen von den früheren Epochen der Entdeckerzeiten, wohl eher nicht zum Kanon global verbreiteter historischer Ereignisse. Daher hier kurz eine Zusammenfassung: Nachdem es in Mexiko zwischen 1857 und 1861 zu einem Reformkrieg zwischen Liberalen und Konservativen kam und dieser mit der Niederlage der Konservativen endete, intervenierten französische Truppen auf Geheiß Napoleons III. in Mexiko um dort schließlich doch noch die Konservativen zum Sieg zu führen und eine Monarchie zu installieren. Letztlich zogen 1866 jedoch die französischen Truppen auf Druck der USA wieder aus Mexiko ab und in der Schlacht von Cerro de las Campanas schlugen die Mexikaner 1867 den von den Franzosen eingesetzten mexikanischen Regenten. Im Endeffekt also eine schallende Niederlage für Napoleon III.
Diesen Ereignissen zollt dieser durch und durch mexikanisch inspirierte Drink Tribut. Er stammt aus dem 1534, einer französisch inspirierten Kolonialstilbar in Nolita, Manhattan. Dort wurde er von James Lombardino kreiert, welcher mit dem Cocktail im Grunde versucht hat, das Publikum an die Geschmacksbilder von Mezcal zu gewöhnen, da viele nur mit Tequila vertraut waren.
Und so setzt der Napoleon’s Loss auch auf eine sehr interessante Kombination aus Anejo Tequila, rauchigem Mezcal, Zitronensaft und einem Ingwer-Agavensirup, den man im Notfall auch durch fertigen Ingwersirup ersetzen kann. Ganz dasselbe ist es dann aber nicht. Zum Glück ist der Ingwer-Agavensirup wirklich nicht schwer herzustellen, man muss ihn nicht einmal kochen.
Rezept (in US-typischen Unzenangaben):
2 oz Anejo Tequila
¼ oz Mezcal (z.B. Del Maguey)
½ oz Zitronensaft
¾ oz Ingwer-Agavensirup (s.u.)
Ingwer-Agavensirup: Ingwersaft (aus dem Reformhaus oder selbstgepresst im Entsafter) und Agavendicksaft im Verhältnis 1:1 miteinander vermischen und kräftig schütteln. Der Sirup hält sich im Kühlschrank ca. 1 Woche.
Zubereitung: Alle Zutaten bis auf den Mezcal kräftig auf Eis schütteln und doppelt in einen mit Eiswürfeln gefüllten Tumbler abseihen. Zuletzt mit Mezcal toppen.
Glas: Tumbler
Garnitur: keine (alternativ ein oder zwei kleine Scheiben Ingwer)
Bezugsquellen: Die meisten Zutaten lassen sich in Deutschland meist nur im Fachhandel finden, da Mezcal hierzulande noch keine besonders große Lobby genießt. Alternativ kommt natürlich auch eine Onlinebestellung in Betracht.