Wie ich bereits in anderen Rezeptzusammenhängen immer mal wieder bemerkt habe, ist Mezcal in der europäischen Barszene noch nicht die ganz große Nummer, die er in den USA und natürlich in seiner Heimat Mexiko ist. Das liegt natürlich vor allem an der geographischen Distanz und den damit verbundenen Importschwierigkeiten, aber sicherlich auch zu einem guten Teil daran, dass viele Leute Mezcal entweder nicht wirklich kennen oder aber erstmal nicht besonders mögen. Schade.
Mezcal hat oft eine sehr deutlich vernehmbare Rauchnote. Sie fällt zwar nicht so heftig und dominant aus wie das Raucharoma eines kräftigen Single Malts von der Hebrideninsel Islay, aber dennoch erscheint es vielen Leuten zunächst einmal zu viel zu sein. Der heutige Cocktail wurde genau für solche Leute entworfen, um ihnen Mezcal quasi gemeinverträglich schmackhaft zu machen. Er stammt von Matt Lanning aus der Bitter Bar in Boulder im US-Bundesstaat Colorado (etwa 45 km nordwestliche von Denver). Ähnlich wie bei einem Negroni setzt der All Betts Are Off Cocktail auf drei Teile, wobei hier mit dem Dolin Blanc ein relativ süßer Wermut Verwendung findet. Man kann sicherlich auch eine trockenere Variante wählen, aber der Dolin Blanc macht als Konterpunkt zum Mezcal durchaus Sinn. Dazu kommt noch gelbe Chartreuse aus der großen Kartause, welche sehr interessante Nuancen mit sich bringt.
Benannt wurde der Cocktail übrigens nach Richard Betts, dem Gründer des Mezcalherstellers Sombra, welcher im Originalrezept benutzt wird. Somit ergibt sich ein Wortspiel auf „all bets are off“ (alles ist möglich) mit einem doppelten T. Matt Lanning bemerkt diesbezüglich: „You think you don’t like mezcal? With this one, all betts are off!“
Rezept:
4,5 cl Sombra Mezcal (or a similar brand)
2,25 cl Dolin Blanc Wermut
2,25 cl Chartreuse jaune
2 dashes Grapefruit Bitters (z.B. von The Bitter Truth)
Zubereitung: Alle Zutaten auf Eis kaltrühren und ins vorgekühlte Glas abseihen. Zuletzt mit dem Öl der Grapefruitzeste besprenkeln.
Glas: Martini
Garnitur: Grapefruitzeste
Bezugsquellen: Sombra Mezcal oder eine ähnliche Sorte finden sich im Fachhandel. Gleiches gilt für Dolin Blanc Wermut und die Grapefruit Bitters. Und wenn man schon einmal da ist, kann man auch gleich eine Flasche Chartreuse jaune erstehen, obwohl man diese auch in gut sortierten Supermärkten erhält. Wer ganz bequem ist, bestellt einfach online.
Im Krimi „Mord im Orientexpress“ von Agatha Christie wird Ratchett vom Butler Beddoes wie jeden Morgen der Cocktail Mezcal überbracht. Hercule Poirot findet Ratchett jedoch eines Morgens mit 12 Messerstichen in unterschiedlicher Tiefe tot in seinem Zugabteil auf. Beddoes gibt später beim Verhör an:“Sein Frühstück war sein Mezcal. Er stand niemals auf, bevor der Cocktail nicht vollständig gewirkt hatte.“
Pingback: Jesse Pinkman | Galumbi
Einmal mehr eine schöne Anekdote. Mrs. Christie war eben bewandert in Fragen interessanter Spirituosen. 😉